Nikolaus-Fey-Straße

Nikolaus-Fey-Straße

Der Estenfelder Gemeinderat hat in seiner gestrigen Sitzung mit 12:8 Stimmen entschieden, die Nikolaus-Fey-Straße umzubenennen. Warum wir „Einser“ auch dafür waren, erklären wir euch hier:

Am 23. Oktober 1958 hat der Estenfelder Gemeinderat beschlossen, der Straße oberhalb der Friedrich-Ebert-Straße den Namen „Nikolaus-Fey-Straße“ zu geben. Außer diesem dürren Vermerk steht im Protokollbuch nichts weiter über die Entscheidung – und auch die Main-Post belässt es in ihrer Berichterstattung beim bloßen Ergebnis. Einen direkten Bezug zu Estenfeld hatte der Heimatdichter Nikolaus Fey nicht. Von daher ist anzunehmen, dass der Bekanntheitsgrad seiner mundartlichen Werke der Grund dafür war, eine Straße nach ihm zu benennen – so wie dies zur damaligen Zeit auch mehrere andere Gemeinden in Unterfranken getan haben.

Äußerst unwahrscheinlich ist, dass die Estenfelder Gemeinderäte wussten, welch überzeugter Nationalsozialist Nikolaus Fey gewesen ist. Eine fundierte Aufarbeitung seiner NS-Vergangenheit hatte noch nicht stattgefunden, geschweige denn eine öffentliche Auseinandersetzung mit seiner Rolle. Es wäre daher unbegründet, den einstigen Räten fehlende Sorgfalt vorzuwerfen oder gar ein bewusstes Ausblenden der Verfehlungen von Nikolaus Fey.

Heute, über 60 Jahre später, wissen wir mehr – dank der Arbeit der Würzburger „Straßennamenkommission“, die im Auftrag des Stadtrats untersucht hat, inwieweit die Namensgeber von Straßen in die Machenschaften der Nazis verstrickt waren. Ihre Erkenntnisse zu Nikolaus Fey, nach dem eine Straße in Heidingsfeld benannt ist, sind auch maßgeblich für uns in Estenfeld. Zeichnen sie doch erstmals ein umfassenderes Bild des Heimatdichters, das ein Urteil über seine Persönlichkeit zulässt – und darüber, ob er sich tatsächlich als Vorbild eignet.

Wir, die Mitglieder der Gemeinderatsfraktion von Estenfeld in Schwung (EinS), haben den Kommissionsbericht intensiv studiert und auch einen Vortrag von Prof. Dr. Peter Hoeres besucht, der Inhaber des Lehrstuhls für Neueste Geschichte der Universität Würzburg ist und der Kommission angehört. Für uns ist nach dieser intensiven Meinungsbildung klar: Nikolaus Fey war ein Mann, der den nationalsozialistischen Machthabern loyal und linientreu gefolgt ist und weit mehr als nur ein Mitläufer war. Die gewichtigsten Argumente:

– Er hielt Reden, versuchte somit also gezielt die perfide Propaganda der Nazis weiterzuverbreiten.

– Er war unterfränkischer Beauftragter der Reichsschrifttumskammer – in ein solches Amt rutscht man nicht einfach so hinein, sondern bekommt es erst, wenn man sich vorher „bewährt“ hat.

– Er überarbeitete Texte so, dass sie den Parteioberen gefielen. Selbst sein bekanntestes Werk, das Schauspiel „Florian Geyer“, schrieb er um und stellte Adolf Hitler als den wiederauferstandenen Bauernführer dar.

– Das gewichtigste Argument: Von 1942 bis 1944 wirkte Nikolaus Fey in der Regierung des Generalgouvernements mit, das auf einem Teil des besetzten polnischen Territoriums errichtet worden war. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits Anfang 60 – er hat sich zu dieser Aufgabe also sicher nicht aus Karrieregründen, sondern aus Überzeugung bereit erklärt. Zwar stand er nicht an vorderster Front – aber er trug seinen Teil dazu bei, die von den Nazis gesteckten Ziele zu erreichen: die kulturellen Traditionen des polnischen Volkes auszulöschen und die „Germanisierung“ des Raumes voranzutreiben. Auch wenn der Kommissionsbericht hier nicht konkreter wird, sollte uns allen unser gesunder Menschenverstand sagen, dass hier keine „kleinen Lichtlein“ am Werk waren.

Wir „Einser“ sind uns einig: Nikolaus Fey eignet sich nicht als Namenspatron, die nach ihm benannte Straße in Estenfeld muss umbenannt werden.

Dass die Namensänderung für die Anwohnerinnen und Anwohner mit einer gewissen Bürokratie verbunden ist, ist uns bewusst. Wir plädieren deshalb dafür, dass die Gemeindeverwaltung ihnen jede nur denkbare Unterstützung zuteilwerden lässt.